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Mode und Feminismus: Warum wir auf Fast Fashion verzichten sollten

Der 8. März ist Internationaler Weltfrauentag – auf Demonstrationen zieren feministische Statements wie „Feminist“ oder „The future is female“ nicht nur Plakate, sondern auch T-Shirts, Pullis oder Taschen. Nicht zuletzt hier wird deutlich: Auch Mode ist politisch. Dass die konventionelle Modeindustrie und der allgegenwärtige Fast Fashion Konsum der Umwelt schaden, dürfte dabei längst bekannt sein. Doch wie feministisch ist unsere Mode eigentlich wirklich? Und wie können wir den Slogans auf unseren T-Shirts durch unser Handeln gerecht werden?

Mode als Ausdruck von Solidarität

Wie wir uns kleiden, ist für viele ein Zeichen der eigenen Identität. So können auch Mode und Feminismus eng miteinander verbunden sein. Politische Statements, die wir durch unsere Kleidung zum Ausdruck bringen, wecken ein Gefühl der Zugehörigkeit, des Zusammenhalts und Empowerments, nicht zuletzt der Solidarität. Bestenfalls entzünden wir so wichtige Diskussionen und regen zum Nach- und Umdenken an.

Gleichzeitig handelt es sich hier aber auch um einen Aktivismus, der eher passiv bleibt. Das bloße tragen rebellischer T-Shirts macht aus uns längst noch keine engagierten Feministinnen, die für Gleichberechtigung kämpfen und Missstände tatsächlich beheben. Gerade mit Blick auf die Produktionsbedingungen und Hierarchien, die in der Modebranche Alltag sind, wirken feministische Slogans wie „Girl Power“ auf Pullis und T-Shirts großer Modelabels nahezu zynisch.

Arbeitsbedingungen und Ausbeutung in der Modeindustrie

Am 24. April 2013 stürzte in Bangladesch Rana Plaza, eine der größten Textilfabriken der Welt, ein. Dieser Unfall, bei dem mehr als 1.100 Menschen starben und weitere 2.500 verletzt wurden, hat auf grausame Weise verdeutlicht, wie schlecht die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie tatsächlich sind. Auch wenn sich seitdem einiges verändert hat, Missstände und Menschenrechtsverletzungen prägen die Modebranche nach wie vor.

80% der Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie sind Frauen, die meist deutlich schlechter bezahlt werden als Männer. Niedrige Löhne, Überstunden, Diskriminierung, verbale und physische Belästigung – Frauenrechte finden in den Lebensrealitäten der Arbeiter:innen der Textilbranche keinen Platz. Wer von Gehaltsscheck zu Gehaltsscheck lebt und von den viel zu niedrigen Löhnen eine Familie ernähren muss, hat keine Möglichkeit, den Job einfach zu kündigen und bleibt der Ausbeutung ausgeliefert.

Mindestlohn vs. existenzsichernde Löhne

Die in den Produktionsländern festgelegten Mindestlöhne reichen nicht aus, damit die in der Textilbranche beschäftigen Arbeiter:innen in der Lage sind, grundlegende Bedürfnisse wie Nahrung, Wohnraum, gesundheitliche Versorgung oder Bildung für sich und ihre Familien zu sichern. Existenzsichernde Löhne hingegen ermöglichen den Menschen genau diesen notwendigen Lebensstandard.

Doch die Realität sieht leider anders aus. Während es in einigen Ländern nicht einmal einen Mindestlohn gibt, bleibt dieser in vielen Ländern weit unter dem existenzsichernden Lohn. Und diese Kluft wird immer größer. Dabei haben die Produktionsländer außerdem keinerlei Anreiz, Mindestlöhne einzuführen oder bestehende Löhne zu erhöhen, denn sie müssen fürchten, dass Modeunternehmen ihre Produktion dann in günstigere Länder verlegen.

Welche Rolle spielt das Lieferkettengesetz?

Das 2021 in der EU beschlossene Lieferkettengesetz will diesem Problem entgegenwirken. Unternehmen sollen zukünftig Transparenz schaffen und so für ihre Verstöße gegen Umwelt und Menschenrechte innerhalb ihrer Lieferkette haftbar gemacht werden. Da das geplante Gesetz in der Textilbranche nur für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter:innen und einem Umsatz von 40 Millionen Euro greift, bleibt es in der Umsetzung lückenhaft.

Dieser Gesetzentwurf würde tatsächlich nur ein Prozent aller EU-Unternehmen betreffen. Viele schädliche Geschäftspraktiken würden so ignoriert und weiterhin bestehen bleiben.

Mode ist feministisch und Fast Fashion schadet Mensch und Umwelt

Was genau bedeutet all das jetzt für uns als Konsument:innen? Fast Fashion ist allgegenwärtig und Produktionsbedingungen vieler Modelabels selten wirklich durchschaubar. Wollen wir Frauenrechte aber tatsächlich stärken und für Gleichberechtigung auf der ganzen Welt einstehen, kommen wir nicht drum herum, unser Konsumverhalten zu hinterfragen: Buy less choose well.

Wir müssen genau hinsehen und uns die Frage stellen, wer unsere Kleidung produziert und unter welchen Bedingungen. Vor allem müssen wir aufhören mit unserem Kauf Unternehmen zu unterstützen, die Menschenrechte und den Schutz unserer Umwelt hinter Wachstum und Profit stellen. Denn auch wenn wir den wahren Preis für unsere Kleidung nicht zahlen, muss uns klar sein, dass diesen am Ende dann jemand anders trägt.

Slow Fashion – eine Chance für faire Mode und mehr Feminismus

Slow Fashion bedeutet nicht, dass wir der Mode den Rücken kehren. Wenn wir aber bewusster und damit langsamer und weniger konsumieren, übernehmen wir gleichzeitig Verantwortung für unsere Mitmenschen und unseren Planeten. Neben qualitativ hochwertiger Vintage- oder angesagter Second-Hand-Mode sind auch ökologische und faire Modelabels die Antwort auf eine Modeindustrie der Verschwendung und Ausbeutung.

Auf Fast Fashion zu verzichten ist letztendlich nicht nur ein Statement für Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Es ist vielmehr ein aktiver Einsatz für Frauenrechte und Gleichberechtigung.

Quellen:
Frauen in der Bekleidungsindustrie – Fashion Checker
Why do we need a fashion revolution? – Fashion Revolution
Was ist ein Existenzsichernder Lohn – Fashion Checker
EU-Lieferkettengesetz – Fashion Changers

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