Sprache schafft Wirklichkeit. Die Vielfalt der Geschlechter durch gendergerechte Sprache sichtbar zu machen ist daher ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung. Doch wie gendert man richtig? Einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten und welche für dich und dein Unternehmen die richtige ist, bekommst du hier.
Was ist gendern eigentlich?
Sprache beeinflusst unser denken, denn sie erzeugt ganz automatisch Bilder in unseren Köpfen. Sprechen wir, wie lange Zeit üblich, nur vom generischen Maskulinum (also zum Beispiel vom Arzt, Lehrer, Politiker…) stellen wir uns in der Regel meist Männer vor. Im Kopf entsteht so ein falsches, verzerrtes Bild, denn auch Frauen sind Ärztinnen, Lehrerinnen und Politikerinnen. Oder umgekehrt: Auch Männer sind Erzieher oder Krankenpfleger. Geschlechterrollen reproduzieren und verfestigen sich also.
Möchte man die Vielfalt der Geschlechter berücksichtigen, sollte auch unsere Sprache nicht nur das generische Maskulin kennen, sondern auch Frauen und nicht binäre Menschen einbeziehen. Gendern verfolgt somit das Ziel unsere Sprache inklusiver und damit gerechter zu gestalten. Vorstellungen von typisch männlich und typisch weiblich weichen auf und Geschlechterrollen können anders wahrgenommen werden.
Hat man sich entschlossen geschlechtergerecht zu kommunizieren, stellt sich meist die Frage: Wie gendert man denn richtig?
Gängige Möglichkeiten geschlechtergerecht zu schreiben
Sternchen, Unter- oder Schrägstrich, Doppelpunkt: Die Vielzahl unterschiedlicher Formen gendersensibler Sprache wirken komplex und können gerade zu Beginn ungewohnt und verwirrend erscheinen. Wie man richtig gendert, worauf du bei den vielen Möglichkeiten achten solltest und welche Form sich für dich, dein Unternehmen und deine Zielgruppe eignet, soll dir der folgende Überblick verraten.
1. Paarform
Leserinnen und Leser
Bei der Paarform werden beide, also die männliche wie auch die weibliche Variante, zusammen bzw. hintereinander genannt. Die Reihenfolge ist dabei egal, oftmals wird aber die weibliche Form vorangestellt.
Grammatikalisch bist du hier auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Auch werden die beiden Geschlechter (Mann und Frau) sprachlich gleichgestellt. Dein Text kann durch diese Doppelnennung allerdings deutlich länger und somit auch sperriger werden als gewünscht. Gerade bei umfangreichen Texten kann dies zu einem Problem werden, denn die Lesbarkeit wird deutlich erschwert.
Möchte man außerdem nicht binäre Menschen, die sich also weder als Mann noch als Frau definieren, ansprechen, ist die Paarform eher nicht die richtige Wahl, denn sie berücksichtigt diese nicht. Gerade für eine ältere, eher konservative Zielgruppe, kann die Doppelnennung aber sehr geeignet sein. Gender-Stern, Doppelpunkt und Unterstrich stoßen hier noch häufig auf Unverständnis. Die Paarform erscheint so als guter Kompromiss.
2. Geschlechtsneutrale Formulierungen
Lesende (statt Leserinnen und Leser)
Kürzer und vor allem meist deutlich eleganter genderst du, indem du auf geschlechtsneutrale Schreibweisen zurückgreifst. Alle Geschlechter werden so berücksichtigt und diese Form des Genderns ist nicht nur platzsparend und barrierefrei, auch der Lesefluss wird nicht gestört.
Platzsparend und pointiert zu schreiben klingt natürlich wunderbar. Eine neutrale Schreibweise lässt sich aber nicht auf alle Begriffe übertragen und manchmal muss man lange überlegen, bis man eine passende neutrale Umschreibung findet. Das kostet Zeit, Nerven und liest sich am Ende unter Umständen auch weniger natürlich. Oftmals klingen diese Begriffe zudem sehr unpersönlich. Bei sehr sachlichen Texten muss das kein Nachteil sein, möchtest du deine Zielgruppe aber auch emotional ansprechen, solltest du vielleicht lieber eine andere Variante wählen.
3. Gendern mit Hilfe von Sonderzeichen
Leser*innen, Leser_innen, Leser:innen, LeserInnen, Leser/-innen
Das Gendern mit Sonderzeichen (ausgenommen der Schrägstrich und das Binnen-I) ist die einzige Variante, die alle Geschlechter berücksichtigt. Das jeweilige Sonderzeichen wird zwischen der männlichen und weiblichen Wortendung platziert. Diese so entstehende Lücke bezeichnet man als Gender-Gap. Sie lässt Raum für die Geschlechter, die weder eindeutig männlich noch weiblich sind.
Der wohl größte Kritikpunkt dieser Gender-Schreibweisen ist, dass sie nicht barrierefrei sind. Viele Screenreader können diese Wortformen meist nicht richtig vorlesen. Für Menschen, die Deutsch lernen oder Lese- und Rechtschreibschwächen haben, sind Texte so noch schwieriger zu lesen. Auch entsprechen die Schreibweisen mit Sonderzeichen nicht der amtlichen Rechtschreibung und sind grammatikalisch nicht immer korrekt (z.B. Ärzt:innen).
Hier gilt es also abzuwägen, welche Vor- und Nachteile für dich, deine Zielgruppe und natürlich auch die Art des Textes überwiegen.
4. Abwechseln der männlichen und weiblichen Form
Mal Leser, mal Leserinnen
Vor allem lange und sehr umfangreiche Texte, die durch andere Gender-Schreibweisen noch sperriger klingen, können von dieser Variante profitieren. Sie ist einfach anzuwenden und beim Lesen leicht zu verstehen. Abwechselnd werden mal die männliche und dann mal wieder die weibliche Form eines Wortes genutzt. Du sprichst also ebenso von Ärztinnen wie von Lehrern.
Da du die Zuteilung dieser Rollen willkürlich vornimmst, solltest du versuchen, nicht zu sehr von gängigen Rollen-Klischees Gebrauch zu machen. Wenn nur die Rede von Piloten, Politikern und Ärzten, nicht aber von Wissenschaftlerinnen, Astronautinnen oder Chefinnen ist, reproduzierst du Geschlechter-Stereotype, von denen wir uns eigentlich lieber befreien möchten.
Ein Nachteil dieser Methode besteht darin, dass sie Raum für Fehlinterpretationen gibt und daher nicht immer ganz eindeutig ist:
Leser lieben Krimis, Leserinnen mögen Gedichte.
Hier entsteht der Eindruck, dass diese Aussage nur explizit auf das jeweilige Geschlecht zutrifft. Dies kann unter Umständen verwirren oder gar sachlich falsch sein.
Und welche Methode ist nun die richtige?
Unsere Welt ist vielfältig und verändert sich kontinuierlich, genau wie unsere Sprache. Bei all den Vor- und Nachteilen der einzelnen Gender-Schreibweisen wird schnell deutlich, dass es die eine Form mit der man richtig gendert nicht gibt. Nicht alle Wörter lassen sich mit allen Gender-Stilen gendern und nicht alle Stile werden allen Geschlechtern gleichermaßen gerecht.
Um zu entscheiden, wie man richtig gendert, lohnt sich ein Blick auf die jeweilige Zielgruppe sowie ihre individuellen Bedürfnisse. Genauso solltest du aber auch deine persönlichen Präferenzen und eigenen Vorlieben berücksichtigen. Du musst dich wohlfühlen mit dem was und wie du es schreibst, denn nur so entstehen authentische Texte, die mit Freude gelesen werden. Und nicht vergessen: Auch Fehler sind dabei absolut okay!