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Aus der Küche ins Leben: 5 Weisheiten aus „The Bear“ Staffel 2 – ein Recap

„Yes, Chef!“ Endlich ist auch in Deutschland die dritte Staffel von „The Bear“ auf Disney+ abrufbar. Bevor wir nun – rund zwei Monate nach offiziellem US-Start – in den Genuss der zehn neuen Folgen kommen, lohnt sich ein Blick zurück auf die vergangene Staffel. Denn die steckte voller Lebensweisheiten, die zweifellos aus der Küche ins Leben übertragbar sind.  

Von „Beef“ zu „Bear“ – was wir aus Staffel 2 lernen konnten

Die vergangenen zehn Folgen der Serie standen ganz im Zeichen von Transformationen. So verwandelte sich nicht nur das etablierte Sandwich-Lokal „The Original Beef of Chicagoland“ aus dem Viertel River North in Chicago Schritt für Schritt in das Fine-Dining-Restaurant „The Bear“. Auch die Charaktere rund um Sternekoch Carmy (Jeremy Allen White) durchlebten in und fernab der Küche ihre ganz persönlichen Entwicklungen. Holen wir diese Lektion aus der Küche ins Leben mit einem Blick zurück:

Umgib dich mit Menschen, die dich und deine Potentiale sehen (und fördern)

Für mich hat sich in der zweiten Staffel kaum ein Anblick so eingebrannt, wie Tinas (Liza Colón-Zayas) Lächeln als Sydney (Ayo Edebiri) sie bittet, Sous Chefin des neuen Restaurants zu werden. Die so ehrliche und überraschte Freude in Tinas Gesicht strahlt nahezu aus dem Fernseher und bringt selbst meine Selbstzweifel für eine Weile zum Schweigen. Die Szene zwischen Sydney und Tina beweist, wie wertvoll es ist, sich mit Menschen zu umgeben, die die eigenen Potentiale nicht nur erkennen, sondern bestenfalls noch fördern. Auch, oder gerade dann, wenn man selbst gar nicht daran glaubt.

Noch zu Beginn der Serie sehen wir, wie sehr Tina mit den Veränderungen im Restaurant seit Mikeys (Jon Bernthal) Tod zu kämpfen hat und wie schwer es ihr fällt, neue Abläufe und Routinen zu akzeptieren. Immer wieder gerät sie mit Carmy und vor allem Sydney aneinander, aber leistet in der Küche dennoch gute Arbeit.

Wie schön, dass dies in Staffel zwei endlich honoriert wird. Sydney weiß, dass sie in Tina eine fleißige, verlässliche Sous Chefin in der Küche hat und setzt, trotz vergangener Differenzen, auf ihre Fähigkeiten. Angespornt von dem Vertrauen, das ihr entgegengebracht wird, findet Tina neues Selbstbewusstsein, das über die Küche hinaus strahlt und sie trägt nicht unwesentlich zur Transformation des Restaurants bei. Female Empowerment at its best.

Neugier beflügelt die Kreativität

Während Chef Marcus (Lionel Boyce) in Chicago bei seinen Bemühungen, die perfekte Rezeptur für ein Dessert zu kreieren, auf der Stelle tritt, verschlägt es ihn in der zweiten Staffel – Carmys Fußstapfen folgend – in die Haute Cuisine Kopenhagens. Beflügelt vom Flair der Stadt und angeleitet von Chefkoch Luca (Will Poulter), der mit ebenso viel Ruhe wie Präzision ausgefallene Desserts auf die Teller zaubert, will auch Marcus seine Zubereitungskünste auf das nächste Level heben.

Den strengen Anforderungen seines Lehrmeisters begegnet er mit einer großen Portion Neugier und jeder Menge Geduld. Selbst den schon beim Zusehen zermürbenden Aufforderungen, den Nachtisch wieder und wieder anzurichten, bis wirklich jedes Detail ansprechend in Szene gesetzt ist, widmet Marcus sich nicht nur gelassen, sondern nahezu passioniert.

Nach einer Woche verlässt er das zuvor bezogene Hausboot in Kopenhagen dank seiner Aufgeschlossenheit mit neu gewonnener Leidenschaft für seine Arbeit. Es ist vor allem seine Offenheit, die ihm erlaubt, tatsächlich zu wachsen. Und so gelingt es ihm, seine Rezeptur-Krise zu überwinden und mit einem Dessert nach Chicago zurückzukehren, das Carmy und Sydney auf der Zunge zergeht.

Vorsicht vor Verwechslungen: Obsession ist keine Leidenschaft

„The Bear“ ist vor allem deshalb so erfrischend und einzigartig, weil authentische Charaktere und das rasende Tempo der Show von der ersten bis zur letzten Sekunde in den Bann ziehen. Mal kurz was auf dem Handy nachsehen, oder sich während der Folge die Chipsschale auffüllen? Unmöglich. Möchte man nicht direkt den Anschluss an die Handlung verlieren, fordert die Sendung jegliche Aufmerksamkeit, die man ihr ganz selbstverständlich gern schenkt. Ein Qualitätsmerkmal, ist ungeteilte Aufmerksamkeit heutzutage doch ebenso selten, wie wertvoll.

Doch so sehr Tempo und Storytelling faszinieren, umso mehr leidet man mit Carmy, der sich stets im Epizentrum all der Hektik und des Drucks befindet. Der Laden, das Kochen und sein Talent entwickeln sich für ihn mit wachsendem Erfolgsdruck der Sterneküche immer mehr zum Zwang, statt Leidenschaft und Freude zu bringen. Es besteht kaum ein Zweifel, dass es Carmy nicht zu gelingen scheint, ein ausgeglichenes Leben zu führen.

Als sich das in Staffel zwei mit dem Auftauchen seiner ehemaligen Schulfreundin Claire (Molly Gordon) und einer sich anbahnenden – durchaus glücklichen – Beziehung für eine Weile ändert, wartet Carmy regelrecht darauf, dass etwas schief geht. Und tatsächlich läuft am Eröffnungsabend des Restaurants einiges anders als geplant. Statt sich trotz aller Pannen über den dennoch gelungen Auftakt zu freuen, hadert Carmy mit seinen vermeintlichen Fehlern, für die er schlussendlich die Beziehung zu Claire verantwortlich macht.

Und so stellt sich am Ende die Frage, wo Leidenschaft endet, und Obsession beginnt. Hier unterscheiden zu können, um sich selbst ein bisschen Glück zu erlauben, ist wohl die Kunst eines glücklichen Lebens.

Es ist nie zu spät, von vorne anzufangen

Der mindestens so liebenswerte wie chaotische Richie (Ebon Moss-Bachrach) kämpft im Restaurant wie auch in seinem Privatleben damit, seinen Platz zu finden. Orientierungslos und aus Angst, an Bedeutung zu verlieren, versucht er sich nahezu überall einzumischen. Statt sich und seine Mitmenschen weiterzubringen, produziert er so jedoch jede Menge Chaos und Stress.

Als Carmy ihn in ein führendes Sterne-Restaurant in Chicago schickt, um dort reibungslose Abläufe im Service zu studieren, fühlt Richie sich bestraft. Schließlich verbringt er tagein, tagaus damit, Gabeln zu polieren. Zunächst frustriert über die so banale Tätigkeit, begreift er mit Blick auf die hingebungsvolle Arbeit des Serviceteams, die Bedeutung, jeder einzelnen Aufgabe. Richie lernt seine Arbeit und vor allem sich selbst zu respektieren und beginnt so, auch seinen eigenen Wert zu begreifen.

„Es ist nie zu spät von vorne anzufangen“, erklärt Chef Terry (Olivia Coleman) und Richie nimmt sich ihre Worte zu Herzen. Mit Stolz und neu gewonnener Hingabe fügt Richie sich in die Service-Abläufe seines Lehr-Restaurants ein und schafft es, seine Fähigkeiten auch im neu eröffneten „The Bear“ einzubringen. Im Staffelfinale wächst er über sich hinaus, managt die im Chaos versinkende Küche und rettet so sogar den für Familie und Freunde ausgerichteten Eröffnungsabend.

Jede Sekunde zählt

In der Küche wie im Leben ist Zeit ein entscheidender Faktor und ihr Konzept zieht sich mal mehr, mal weniger präsent durch die gesamte zweite Staffel von „The Bear“: Da sind die nahezu bedrohlich tickenden Wanduhren, die in jeder Restaurantküche der Show platziert sind. Die nervenaufreibend klingelnden Timer, die Donna Berzattos (Jamie Lee Curtis) völlig überladenes Weihnachtsmenü begleiten und die Spannungen innerhalb der Familie auf die Spitze treiben. Die viel zu eng getakteten zwölf Wochen, die Carmy und seinem Team bis zur Neueröffnung des Lokals bleiben. Oder die auf die Sekunde genau getimten Abläufe in der Zubereitung einzelner Menükomponenten.

Fast jede Szene der Staffel erinnert Charaktere wie Publikum daran, wie wichtig, wie wertvoll Zeit ist – „jede Sekunde zählt“. Das Mantra der zweiten Staffel spiegelt die Unverzichtbarkeit von perfektem Zeitmanagement, ohne das ein Restaurant kaum mehr als einen Abend erfolgreich meistern könnte. Vor allem aber lernen wir, dass neben der Dringlichkeit reibungsloser Abläufe in der Sterneküche, im Leben vor allem das Wertschätzen und Genießen einzelner Momente zählt.

Ein Gedanke, der Achtsamkeit in die von Hektik und Anxiety geprägte Serie bringt. Vielleicht ist es genau diese Achtsamkeit, die die Charaktere der Serie brauchen, um der Hektik zumindest zeitweise zu entkommen. Wir dürfen gespannt sein, ob das in Staffel 3 gelingt.

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